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Maria Magdalena und der Auferstandene

Auferstehung - unbegreiflich

Mit dem Osterfest feiern wir den Höhepunkt des Kirchenjahres. Das Heilige Triduum vom Abend des Gründonnerstag bis zum Ostermorgen ist seit den Anfängen der Kirche die zentrale Glaubensaussage schlechthin: Das Letzte Abendmahl (Eucharistie), die Begegnung mit der Todesangst in Getsemani, Verhaftung, Verurteilung und der Weg nach Golgota. Kreuzigung, Grablegung und Auferstehung. Während wir das Geschehen dieser Tage beschreiben, begreifen können wir es nicht.

Die Feier von Leiden und Sterben Christi ist kein billiger Voyeurismus auf Ko-sten anderer, sondern in der Betrachtung dieser Tage begegnen wir den eigenen Erfahrungen von Leid und Schmerz. „Gott geht alle Wege mit, gerade auch die dunklen und einsamen Wege des Leids“, wie es einmal Alfred Delp SJ formulierte.

Aber wir Menschen wollen begreifen, anfassen und verstehen. Von Kindesbeinen an machen wir uns so mit der Welt um uns herum vertraut. Bevor wir mit Begriffen denken, müssen wir Dinge anfassen und im ursprünglichen Sinne des Wortes begreifen. Das macht es uns oft auch schwer in der digitalen Welt Erfahrungen zu sammeln, die in die Tiefe unseres Erfahrungsschatzes eingehen, vieles aus der virtuellen Welt bleibt oberflächlich.

Die gotischen Fresken in Gronsdorf

Die gotischen Fresken der Georgskirche in Gronsdorf sind ein Schatz, ein Bilderreichtum, der mit der Architektur des Kirchleins verschmilzt. Gerade die Darstellung der Begegnung der Magdalenerin mit dem Auferstandenen macht es deutlich. (Umschlagbild) Schon das Fenster fällt aus dem Rahmen, weil es nicht in der Mitte, sondern gleichsam ins Bildprogramm des Ostermorgens eingefügt ist.

Durch die Asymmetrie entsteht im Vorjoch an der Südwand des Chorraumes die große Fläche für das Bild, das die Szene aus dem 20. Kapitels des Johannesevangeliums (Joh. 20,1-18) wiedergibt:

Maria von Magdala ist die erste Zeugin der Auferstehung, eigentlich entdeckt sie das leere Grab und weiß nicht genau, was das bedeuten soll. Auch die Freunde Jesu, Petrus und der Lieblingsjünger, verstehen es nicht und lassen sie allein am leeren Grab zurück. Sie weint, wie jeder um einen lieben Menschen weint, den er verloren hat. Die Welt wird anders, wenn ein Mensch fehlt. Mit den verweinten Augen erblickt sie Jesus, sie meint es sei der Gärtner und fragt nach dem Leichnam. Maria sieht, was sie erwartet, sie rechnet nicht mit Jesus. In der direkten Ansprache erkennt sie ihn. Sie will ihn fassen und begreifen, doch Jesus sagt ihr: Halte mich nicht fest. Oder anders gesagt: Was gerade mit dir geschieht, kannst du jetzt noch nicht begreifen, aber geh und verkünde, dass ich auferstanden bin.

Geborgen im Schutz des Gartens

Der Meister des Freskos schafft einen idyllischen Garten mit einer großen Umzäunung, unten ist ein kleiner Eingang über eine Treppe möglich. Wer drinnen ist, genießt die Sicherheit des Gartens. Sicherheit und Geborgenheit gehören zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Das erinnert unmittelbar an das Paradies, den Garten, den Gott für den Menschen anlegte.

Nach dem Letzten Abendmahl war Jesus auch in einem Garten, dort begegnete er der Todesangst und war schließlich bereit den Weg der Erlösung zu gehen. Der Mensch braucht gerade vor großen Herausforderungen die Erfahrung der Geborgenheit

Der Künstler fügt das Fenster in seine Bildgestaltung ein, indem er den Spitzbogen wie einen Hügel mit Bäumen gestaltet und so gleichsam eine Brücke zu dem Engel mit der Taube schafft, der die Osterbotschaft von der Auferstehung verkündet.

Damit kommt das ganze Ostergeschehen in den Blick. Das Fenster leuchtet im Licht, es ist nach Süden ausgerichtet. Das österliche Licht bricht in die Szene herein und blendet. Das Grab ist leer, vom Licht erfüllt. Der Herr ist auferstanden. Beim direkten Blick ins Licht verschwimmen die Konturen, wird genaues erkennen unmöglich. Das Fenster ist Licht und leer, wie die Leere des Grabes mit der Maria hadert.  

Auferstehung, was sie für uns bedeutet

Maria hatte Jesus den Toten gesucht, und weil sie den toten Jesus suchte, eben nicht den lebendigen, fand sie den Gärtner. Sie täuschte sich. Dennoch suchte sie den einst, vor der Kreuzigung erlebten Jesus. Sie suchte als letztes Zeichen dieses vorösterlichen Jesus seinen Leichnam, um so einen Anhaltspunkt für ihre Erinnerung an den irdisch lebendigen Jesus zu haben.
Nein, keinen Toten suchte sie, sondern sie suchte im Toten den Lebendigen von früher. Das kann aber nicht gelingen. Wir können diese Grenze nicht von uns aus überschreiten. Deswegen weint sie und in diesem Weinen sind wir dieser Maria ganz nahe, weil auch wir in der Trauer unsere Toten lebendig werden lassen. Es braucht Zeit bis wir die Verstorbenen der göttlichen Sphäre überlassen können.

Maria erkennt Jesus nachdem er sie gerufen hat. Das erinnert an Samuel aus dem Alten Testament und all die Berufungsgeschichten. Gott ruft immer persönlich, nicht allgemein. Er meint den ganzen Menschen.

Halte mich nicht fest

Maria wollte Jesus berühren, ihm zugewandt, streckt sie ihm ihre Hände entgegen. Sie hat die Berührungsangst überwunden, will Nähe und Begegnung zulassen. Wo die Berührungsangst überwunden ist, kann der Mensch handeln, seine Hand anlegen wie auch Thomas begreift, dass Jesus auferstanden ist.

Diese Sehnsucht nach Berührung ist ein Bogen zum Prolog des Johannesevangeliums: Und das Wort ist Fleisch geworden. Berührung macht nur Sinn, wenn etwas berührt werden kann.
Tastend begreifen als Zugang zur Welt. Begreifen entspringt der Sehnsucht nach Haben. Im Haben meinen wir uns der Welt und uns selber sicher sein zu können.

Was ich habe, kann ich jedoch auch verlieren; was ich hingegen bin, macht mich aus. Erlösung kann ich nicht haben, aber mich erlöst erfahren. Das ist nicht nur ein sprachlicher Unterschied, es drückt mein Verständnis von mir selbst und meinem Zugang zur Welt aus.

So bleibt Auferstehung unbegreiflich, es sprengt unser Denkvermögen. Nicht nur dem Lauf von Werden und Vergehen anzugehören, nicht nur eine Laune im Spiel der Natur zu sein, sondern in der eigenen Persönlichkeit an- und ernstgenommen zu werden.

In diesem Glauben können wir sagen, dass wir geliebte Menschen in seiner Gegenwart wissen: gerettet, ganz, heil und erfüllt. Ostern ist auch für uns wirklich.

Jesu Auferstehung offenbart. Das Letzte, der Tod, wird zu einem neuen Anfang. Das violett des Irdischen weicht zurück, anfanghaft erahnen wir den Herrn als unseren Erlöser. Schemenhaft ist er uns im Licht vor Augen. Er nimmt uns mit hinein in seine herrliche Gegenwart. Auf dieses Licht (im Spitzbogenfenster) sind die Augen Marias gerichtet. So bekommt sie eine neue Perspektive für sich.

Ostern ist also nicht nur unsere Zukunft, sondern bestimmt schon unsere Gegenwart. Im Licht der Osterhoffnung wird auch unsere alltägliche Erfahrung von Leid und Dunkelheit erhellt.

Umgestaltung in St. Georg

In den letzten Wochen wurde der Volksaltar in der Nebenkirche St. Georg in Gronsdorf abgebaut und eingelagert. Ein herzliches Vergelt’s Gott an Familie Schindler für die Hilfe und die Achtsamkeit für dieses Kleinod.
Jetzt kann der Raumeindruck wieder neu gewonnen werden, da der bisherige Altar unter dem Chorbogen den Blick in das Presbyterium versperrte, jetzt ist der Blick auf die großartigen Fresken wieder offener.

Die Kirche ist tagsüber geschlossen. Für eine Besichtigung vereinabren Sie bitte einen Termin im Pfarrbüro.

Patroziniumsmesse St. Georg Gronsdorf

23. April, 19.00 Uhr | Nebenkirche der Stadtpfarrei Mariä Himmelfahrt